Ajamu Nangwaya - Botschaft an eine jüngere radikale Aktivistin

Hinweis: Übersetzung durch http://talkingdrum.jimdo.com/ mit freundlicher Erlaubnis durch den Autor Ajamu Nangwaya. Original Text in englisch hier: http://www.pambazuka.net/en/category/features/87920. Der Text stammt aus dem Kanadischen Kontext, enthält jedoch auch für Aktivist*innen in Deutschland viele Inspirationen.

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Es gibt essenzielles Wissen, Fähigkeiten und Einstellungen, welche entscheidend für die jeweilige Rolle als radikale Organisierer*in sind. Junge Aktivist*innen sollten sie beherrschen.


Liebe Kameradin/Genossin Azuka,


Ich hoffe dieser Brief erreicht dich in guter Gesundheit und guter Stimmung. Bitte vergib meine Verzögerung darin dir zu Antworten, auf deine Frage, welche Dinge ich mit dir als einer jüngeren, werdenden Aktivistin teilen möchte, die sich für das humanistische Ziel einsetzt, radikalen Wandel in der Gesellschaft zu bewirken.


Ich habe über deine Frage nachgedacht und denke ich bin nun in der Position meine Gedanken zu teilen. Du bist eine Bereicherung für die Bewegung und dein Alter sollte keine Barriere für die Teilnahme an den Führungsorganen und deinen Beitrag als Teil der revolutionären Intelligenz sein. Jedoch gibt es entscheidendes Wissen, Fähigkeiten und Einstellungen, welche entscheidend für deine Rolle als radikale Organisiererin sind. Es gibt sechs Bereiche, welche ich in diesem Brief behandeln werde.


1 TRETE EINER PRIMÄREN ORGANISATION DER SOZIALEN BEWEGUNG BEI


Der späte Kwame Ture (aka Stokely Carmichael) erinnerte uns beständig während seiner Nordamerika Vortragstour: „Der Grund warum deine Menschen Leiden ist, dass es ihnen an Organisierung mangelt, Organisierung ist die Waffe der Unterdrückten.“ Durch Organisationen werden wir effektiven Widerstand in Afrika und der Diaspora auf die Beine stellen. Ein kurzer Blick auf die Perioden von erhöhtem Widerstand unserer Leute wird zeigen, dass kollektives Handeln der Pfad zu unseren politischen Fortschritten und Siegen war. Die Aufstände gegen die Versklavung in Amerika, der Kampf der Afrikanischen Frauen gegen das Patriarchat auf der gesellschaftlichen Ebene, Unabhängigkeitskämpfe in Afrika und der Karibik, und die Black Power Bewegungen in Nordamerika und der Karibik sind Beispiele dafür, wie wir Organisationen genutzt haben, um die Ketten der Entmenschlichung zu brechen oder zu lockern. Trotz der strategischen und taktischen Brillianz eines individuellen Afrikanischen Anführers, beispielsweise: Marcus Garvey von der Universal Negro Improvement Association (UNIA), Ella Baker von der National Association for the Advancement of Colored People und der Southern Christian Leadership Conference, Huey P. Newton von der Black Panther Party (BPP) und Toussaint Louverture von der haitianischen Revolution. Sie alle wurden geringfügige politische Akteure ohne die Unterstützung einer Organisation.


Trotz der zentralen Rolle von Organisationen, als Instrument für effektive kollektive Handlung, ist es wichtig für dich, der Versuchung zu widerstehen in mehreren Organisationen gleichzeitig zu sein. Besonders wenn sie ähnliche Ziele verfolgen. Es ist nicht hilfreich für dich und deine Umgebung, die wenige Zeit, die du hast, auf diese Weise zu zerteilen. Es kann sonst schnell passieren, dass du erschöpft wirst, weil du dich überfordert hast. Die Aufgabe der Afrikanischen Emanzipation ist ein

24/7 Einsatz, aber es ist eine Aufgabe fürs Leben also solltest du es ruhig angehen lassen.


Durch die Mitarbeit in einer Bewegungs-basierten Organisation konzentrierst du dein Wissen, deine Fähigkeiten und Einstellungen auf eine Weise, die förderliche Effekte auf die Leben der Menschen haben kann. Wenn du das Mitglied einer breiten, sozialen Bewegungs-Gruppe bist, welche sich für unterschiedliche Themen einsetzt, kann es sein, dass sie nicht zu einem Thema arbeiten, welches dich interessiert. Du könntest dich in diesem Fall mit anderen Mitgliedern zusammen tun und dieses Thema auf die Tagesordnung bringen. Deine Organisation könnte auch in Koalitionen, Partnerschaften oder Allianzen mit anderen Organisationen zusammen arbeiten, um die gewünschten Initiativen zu ergreifen.


Durch diese Herangehensweise würdest du deine Mitarbeit zu einer primären Organisation bewahren, während du die Ressourcen deiner Gruppe in Anspruch nehmen kannst und ihr Betätigungsfeld erweiterst. Du würdest so deine begrenzte Zeit, Energie und andere Reserven nicht über viele Gruppen zerstreuen. Als jüngere Genossin würdest du ein Level von politischer Reife und Hingabe darin zeigen, die Arbeit deiner Organisation voran zu bringen. Dadurch, dass du dem verlockendem Drang widerstehst, dich in mehreren Organisationen zu betätigen, würdest du den Ruf pflegen eine junge Organisiererin zu sein, welche konstante Arbeit leistet und nicht allen möglichen verlockenden politischen Entwicklungen hinterherläuft.


2 SELBSTSTUDIUM, WISSENSANEIGNUNG UND IDEOLOGISCHE ENTWICKLUNG


Dadurch, dass ich Bildung als einen zentralen und ausschlaggebenden Faktor für junge, radikale Aktivist*innen beschreibe, bin ich lediglich der Afrikanischen revolutionären Tradition treu und dem Beispiel der großen, durch unseren Befreiungskampf hervorgebrachten Revolutionäre. Einer der bedeutendsten Revolutionäre, hervorgebracht durch die Afrikanische Revolution während der anti-kolonialen/Unabhängigkeitsphase war Amilcar Cabral und er hatte dies über die Notwendigkeit von konstanter Bildung in der Revolution in Guinea zu sagen:

Fordere von verantwortungsvollen Parteimitgliedern, dass sie sich ernsthaft dem Studium hingeben, dass sie sich für die Angelegenheiten und Schwierigkeit unseres täglichen Lebens interessieren und sich in ihren fundamentalen und wesentlichen Aspekten bemühen, nicht einfach in ihrer Erscheinung. … Lerne vom Leben, lerne von unserem Volk, lerne von Büchern, lerne von der Erfahrung Anderer. Höre nie auf zu lernen.“ [2]


Wir können nicht oft genug die Rolle betonen, welche transformative Bildung darin spielt, Revolutionäre auf die Aufgabe vorzubereiten, die Menschen für den Widerstand gegen Unterdrückung zu organisieren. Als eine junge Aktivistin, sollte deine ideologische und Wissens basierte Entwicklung priorisiert werden. Menschen die in einer Informationsreichen Umgebung sind, sollten Unwissen auf einem Bereich nicht mit Alter oder Unerfahrenheit verbinden.


Es gibt Leute, welche dazu neigen jüngere Aktivist*innen nicht ernst zu nehmen, auf Grund mangelnder Erfahrung oder Wissen über Themen, welche in organisatorischen Diskussionen aufkommen. Es ist ein Fakt, dass jüngere Menschen nicht vor dreißig, vierzig oder fünfzig Jahren da wahren, als bestimmte Ereignisse passiert sind. Aber in einer schriftkundigen Gesellschaft, ist die Abwesenheit von Erfahrungswissen keine Ausrede dafür, nicht ein robustes Wissen über die nahe und entferntere Vergangenheit zu haben. Du lebst nicht in einer mündlichen Kultur, in welcher du von den Älteren abhängig bist, dich über die Geschichte des Befreiungskampfes aufzuklären. Manche ältere Menschen können sich entscheiden ihren privilegierten Zugang zu Informationen auf diskriminierende Art auszuüben. Die Hüter der mündlichen Überlieferung von Wissen könnten sich entscheiden ihr Wissen nicht mit bestimmten Jugend Organisierer*innen zu teilen, weil diese nicht die nötige Hochachtung gezeigt haben oder nicht vor der „Weisheit des Alters“ knien. Ich vermindere in keiner Weise den „Vorteil von hoch erfahrener, politisch aktiver, erwachsener Mentorenschaft. … verankert in, unterstützt von, geschützt von, und diszipliniert von erwachsenen sozialen Netzwerken. …“ [3] Jedoch haben junge Menschen nicht immer den Vorteil des Leadership Ansatzes einer Ella Baker, welche an die Kapazität der Jugend als eigenständigen Akteur für den politischen Kampf glaubte. [4]


Alter ist eine Basis, auf welcher ungerechte oder ausbeuterische Machtverhältnisse in Organisationen und der weiteren Gesellschaft aufgebaut werden können und wurden. Genossin Azuka, als eine jüngere Aktivistin solltest du dich einem konsistenten, rigorosen und umfassendem Selbststudien-Programm widmen, welches durch Studiengruppen Treffen mit anderen Genoss*innen ergänzt werden könnte. Du könntest auf diese Weise die Erfahrungs- und Wissenslücke überbrücken. Als eine Organisiererin in den frühen Zwanzigern hast du natürlich keine erlebte Erfahrung von der Dekolonisation und den Unabhängigkeitskämpfen in der Karibik, Afrika und Asien, den Afrikanischen Befreiungskämpfen in Nordamerika und Europa in den 1960er und 1970er Jahren oder hast während der Periode der Garvey Bewegung gelebt. Trotzdem ist es dir möglich, dadurch, dass du in deinem Aktivistenleben Raum für die kritische, ausführliche und tiefgreifende Auseinandersetzung mit Ideen, politischen Bewegungen, historischen Geschehnissen, Organisationen und Personen schaffst, ein breiteres und tiefgreifenderes Verständnis der Geschehnisse und Personen zu erlangen, als diejenigen welche sie selbst erlebt haben.

Bewaffnet mit einem erweiterten Bewusstsein der Vergangenheit, können die älteren Menschen nicht mehr einfach die Du-hast-zu-wenig-Erfahrung Karte ziehen, um deine Erwägungen zu vernachlässigen. Sie würden deine Ideen so ernster nehmen und währen nicht mehr so sehr durch den Faktor Alter abgelenkt. Wissen ist in der Tat Macht, also solltest du so viel davon ansammeln wie möglich, um es für die organisatorischen Tätigkeiten einzusetzen. Wenn du das Mitglied einer Organisation ohne politisches Bildungsprogramm bist, könntest einen Vorschlag einbringen, um eine Studiengruppe zu gründen, welche sich mit Themen beschäftigt, die für die intellektuelle, ideologische, moralische und politische Entwicklung der Mitglieder wichtig sind. Dieses Projekt könnte ein Weg für jüngere Mitglieder sein, ihren Lernbedarf in einer strukturierten und unterstützenden Umgebung nachzukommen.


Eine der Sachen welche ich beständig zu den Büchern von Franz Fanon 'Die Verdammten dieser Erde' oder 'Schwarze Haut, weiße Masken' gehört habe ist: „Ich bin so froh, dass ich ältere und informierte Menschen um mich herum hatte, als ich Fanon kennen lernte“ oder „Ich hatte keine Idee was Fanon wirklich sagen wollte in diesen Büchern“. Eine Studiengruppe in deiner Organisation oder offen für jeden in der Community ist ein exzellenter Weg um schwieriges politisches oder ideologisches Material zu bearbeiten und kollektives Lernen und Dialog zu fördern. Wenn die Studiengruppe so gestaltet ist, dass unterschiedliche Teilnehmer animiert werden, die Vorbereitung für die Treffen zu übernehmen, könnte dies deine Sicherheit darin stärken deine Ideen vor einer Gruppe vorzutragen. Bitte beachte, dass deine politische und ideologische Entwicklung in dieser Lernumgebung zusätzlich zu deinem Selbststudien-Programm wäre. Bob Marley hatte einen wichtigen Gedanken, als er sagte: “Emancipate yourself from metal slavery/None but ourselves can free our minds.” „Emanzipiere dich von mentaler Sklaverei/Niemand außer uns selbst kann unseren Geist befreien.“ [7] Es kann durch eine Kombination aus Selbststudium und Gruppeninitiativen für politische Bildung gemacht werden.


3 UNTERNEHME EINE ENTWICKLUNG DEINER FÄHIGKEITEN FÜR ORGANISATORISCHE ARBEIT


Genossin Azuka, während Wissensaneignung von entscheidender Bedeutung ist, sollte sie durch die Aneignung der Fähigkeiten ergänzt werden, welche dafür notwendig sind organisatorische Aufgaben zu erfüllen. Oft haben unsere Organisationen keine extra Ressourcen dafür reserviert, ihre Aktivisten für die nötigen Aktivitäten zu trainieren, welche zur Erreichung der Ziele in unserem Kampf für Emanzipation wichtig sind. Aktivisten bleibt es überlassen entweder durch Ausprobieren zu lernen, einen erfahreneren Mentor*in zu finden oder Lernmöglichkeiten außerhalb der Organisation wahr zu nehmen. Dieser Ansatz, in dem wichtigen Punkt der Entwicklung der Aktivist*innen, dient dazu ältere oder erfahrenere Menschen zu bemächtigen. Solch eine Situation ist für Teenager und andere junge Genoss*innen nicht förderlich welche Führungspositionen einnehmen wollen.


Etablierte Macht hat eine Tendenz sich selbst zu erhalten und wir müssen dieses ungesunde organisatorische Syndrom durchbrechen. Wenn wir mitbestimmend-demokratische Organisationen schaffen wollen, müssen wir entschieden darin sein, die Fähigkeiten unserer Aktivisten zu erweitern.


Es ist die Höhe der politischen Verantwortungslosigkeit, von unseren Aktivisten zu erwarten, die Arbeiterklasse und/oder die Landbevölkerung und die progressiven oder revolutionären Elemente des Kleinbürgertums zu bilden, zu mobilisieren und zu organisieren, ohne die unerlässlichen organisatorischen Fähigkeiten. Nach Aussage von Charles L. James, welcher Mitglied der UNIA war, hat sich Marcus Garvey der systematischen Unterrichtung unseres Volkes gewidmet und „Er war aufrichtig überzeugt davon, dass niemand für seine Handlungen verantwortlich gemacht werden sollte, solange er oder sie nicht für diese Aufgaben ausgebildet wurde.“ [8] Im August 1937, lieferte Garvey ein systematisches Bildungsprogramm, 'The Course of African Philosophy', in Toronto, Kanada, welches 42 Themen abdeckte; 22 dieser Lektionen sind in Schriftform erhalten [9] und sind in Buchform erhältlich als 'Message to the People: The Course of African Philosophy'. Dieses Leadership Entwicklungsprogramm kam nach dem Höhepunkt des UNIA Aktivismus, aber es ist eine Lektion für uns, über die Notwendigkeit für einen methodischen Ansatz in der Entwicklung der Fähigkeiten innerhalb unserer Organisationen.


Training und Bildung können den Unterschied ausmachen, in unserem Kampf um Selbstbestimmung und können für Effektivität in der Arbeit mit unseren Leuten sorgen. Der bewaffnete Kampf der Partido Africano para a Independência da Guiné e Cabo Verde (PAIGC, portugiesisch für „Afrikanische Partei für die Unabhängigkeit von Guinea und Kap Verde“) bewies die Bedeutung darin, die Organisierer mit dem Wissen, Fähigkeiten und Einstellungen auszustatten, um mit der Bevölkerung zu arbeiten. Der relevante Abschnitt in Patrick Chabal’s Buch 'Amilcar Cabral: Revolutionary Leadership and People’s War', ist eine lohnenswerte Lektüre über Cabrals pädagogische und philosophische Methode und Praxis darin, die Kämpfer/Organisierer darauf vorzubereiten, die Landbevölkerung in den ländlichen Gegenden zu bilden und zu mobilisieren. [10] Das Niveau der Vorbereitung der PAIGC Kämpfer war definitiv ein Faktor sowohl für den Erfolg der Mobilisierung der Bevölkerung, als auch für den bewaffneten Kampf. Genossin Azuka, wenn du in einer Organisation bist, ohne ein Fähigkeiten und Kader Entwicklungsprogramm, solltest du es als eine Herausforderung ansehen, dass solch eine Initiative eingeführt wird.

4. WERDE VERTRAUT MIT WIRTSCHAFTS- UND ARBEITS-SELBST-MANAGEMENT


Genossin, ich werde mit dir eine Beobachtung teilen, über die Art, mit welcher viele Aktivisten auf meine Wirtschafts- und Arbeits-Selbst-Management bezogenen Nachrichten auf Facebook oder in meiner Email Verteilerliste antworten. Es gibt ein wahrnehmbaren Mangel an Engagement, bezüglich Themen, welche sich um den Aufbau von einer Alternative zum Kapitalismus, durch Arbeits-Selbst-Management, Erzeuger Kooperationen oder andere kollektivistische ökonomische Interventionen drehen. Wenn wir das Engagement an der Zahl der „likes“ und Kommentare messen, kommt alternative Ökonomik am wenigsten bei meinen Facebook Freunden an. Ich habe Artikel bezüglich demokratischer Arbeitsräume und kooperativer Wirtschaft gesammelt und sie über meine Emailliste verschickt. Sie haben ebenfalls wenige Antworten von meinen Genoss*innen erlangt. Ich bin zu dem Ergebnis gekommen, dass trotz der Hingabe meiner Aktivist*innen im Kampf gegen Kapitalismus, viele von uns nicht gerne Wirtschafts-bezogene Themen diskutieren oder keine konkreten Ideen für die Entwicklung einer anti-kapitalistischen, alternativen Übergangswirtschaft haben. Die große Weltwirtschaftskrise von 2007/2008 hat mir das Ausmaß offenbart, in dem einige Aktivist*innen ein geringes Wirtschaftliches Verständnis hatten. Wir müssen eine wirtschaftliche Entwicklungsstrategie entwerfen, für das hier-und-jetzt, während wir die Bevölkerung für die gute und gerechte Gesellschaft der Zukunft organisieren.


Cabral erinnerte uns an diese offensichtliche aber vernachlässigte Überlegung: „Behalte immer im Kopf, dass die Menschen nicht für Ideen kämpfen, für die Sachen in dem Kopf von irgend einer Person. Sie kämpfen für materielle Verbesserungen, um besser zu leben und in Frieden, um ihre Leben vorangehen zu sehen, um die Zukunft ihrer Kinder zu garantieren....“ [11] Cabral behauptete nicht, dass Menschen uninteressiert an Ideen oder ideologischen Fragen sind. Er deutete uns lediglich darauf hin, dass es praktische Probleme gibt, welche die Menschen zu meistern haben und sie materielle Erwartungen an ihr Engagement in politischen Kämpfen haben. Es sollte notiert werden, dass die öffentliche Zurschaustellung von Gewehren durch die Black Panther Party (BPP) nicht so bedrohlich für die Herrschende-Klasse war, wie ihr Frühstück für Kinder Programm (FKP).


Gemäß des erzreaktionären FBI Direktors J. Edgar Hoover: Das Frühstück für Kinder Programm (FKP) „fördert mindestens die stillschweigende Unterstützung für die Black Panther Party (BPP) unter naiven Individuen... Und was noch Besorgnis erregender ist, versorgt es die BPP mit einer Zuhörerschaft von hoch beeindruckbaren jungen Leuten....Folgerichtig stellt das FKP die beste und einflussreichste Aktivität der BPP dar, als solche ist es potentiell das größte Hindernis für die Bestrebungen der Behörden, die BPP zu neutralisieren und zu zerstören wofür sie steht.“ [12]


Für die unmittelbaren Bedürfnisse der Menschen zu organisieren ist immer ein exzellenter Weg, um die Unterdrückten für radikale Möglichkeiten zu interessieren. Aber es sind finanzielle Mittel nötig, um die Maschinerie der populären Mobilisierung und Organisierung zu schmieren. Unabhängig davon, in welchem Lebensabschnitt sich Aktivisten befinden, sind sie moralisch dazu verpflichtet, ein ökonomisches Programm, welches sich an die Bedürfnisse des Volkes richtet, zu unterstützen oder zu entwickeln. Es versteht sich von selbst, dass wenn der Kapitalismus nicht funktioniert, wir die Menschen für ein kollektivistisches oder kooperatives ökonomisches Programm organisieren sollten. Militante Organisationen sollten auch eine unabhängige finanzielle Basis haben, wie von der UNIA und der US basierten Nation of Islam veranschaulicht. Die Kräfte, welche einer wahren Emanzipation entgegen stehen, werden sonst die finanzielle Unterstützung abstellen sobald unsere Aktionen ihre Privilegien und ihre Macht bedrohen. [13]


Genossin Azuka, ich ermutige dich eine Studie von Mikro- und Makroökonomischen Themen zu unternehmen. Es könnte durch dein Selbststudien-Programm, in Studiengruppen und/oder durch Kurse in einer Schule, Universität oder einer sonstigen Bildungseinrichtung geschehen. Ich empfehle einen guten Text zu dem Thema der kapitalistischen Ökonomik: Economics for Everyone. [14 ] Wir brauchen ein präzises Wissen und Verständnis von dem Kapitalismus und seinen Schwächen, um die Menschen dagegen zu organisieren und aufzuklären.


Wir sollten jedoch nicht nur Expert*innen darin sein, wogegen wir sind. Wir sollten genau so kompetent darin sein, zu artikulieren was wir unterstützen. Meine Ratschlag an dich ist unmittelbar mit der Lektüre in dem Bereich von Arbeits-Selbst-Management oder Erzeuger Kooperationen zu beginnen. Arbeits-Selbst-Management ist die Idee und Praxis, dass Arbeiter*innen ihren Arbeitsplatz besitzen, kontrollieren und managen. Es sind die Arbeiter, welche die Produktionsstätten und strategischen Entscheidungen treffen, die Früchte der kollektiven Arbeit (Profit oder Überschuss) teilen und Kapital als Helfer der Arbeiter in der Arbeiter-bestimmten Arbeitsumgebung einsetzen. Seit dem Beginn der Industriellen Revolution in Europa, haben einige Arbeiter*innen danach gestrebt sich von der Lohnsklaverei zu befreien. Ein exzellentes einführendes Buch zu einem existierenden Arbeits-Selbst-Management ist: Making Mondragon. [15] Eine gute Anleitung für eine Person, welche daran interessiert ist ein von den Arbeitern selbstverwaltetes und besessenes Unternehmen zu starten ist: Putting Democracy to Work. [16] Ich empfehle auch Blueprint for Black Power. [17] Es wirbt nicht für einen nicht-kapitalistischen Ansatz von ökonomischer Entwicklung, aber es hat nützliche Ideen, welche für unser Programm von Arbeits-Selbst-Management und kooperativer Ökonomik genutzt werden können.


5. BEKOMME DEINE IDEEN AUF DIE TAGESORDNUNG UND IN DEN ARBEITSPLAN


Ich habe dich dazu angespornt, eine Anzahl von Vorschlägen auf die Tagesordnung deiner Organisation zu bringen. Aber es ist nicht immer einfach für eine jüngere Genossin oder eine neue Person bei einer Gruppe solch etwas durchzuführen. Es ist einfach nicht genug zu der Mitgliederversammlung oder der Hauptversammlung zu kommen und vorzuschlagen, die Gruppe möge dieses oder jenes Projekt machen. Du und die Unterstützer deiner Idee werden ernster genommen werden, wenn ihr zu der Versammlung mit einem Handlungsplan oder einem Vorschlag erscheint, der systematisch beschreibt, wie ihr die Aufgabe erfüllen wollt. Erwarte Fragen und Bedenken und behandele sie, wenn sie während deiner Präsentation gestellt werden. Von gleicher Bedeutung ist das Verständnis des Entscheidungsprozesses innerhalb der Organisation. Du musst deine Hausaufgaben machen und Unterstützung innerhalb der Organisation sammeln.


Der Vorteil davon, mit einem Handlungsplan in schriftlicher Form zu erscheinen, ist die größere Wahrscheinlichkeit die Rahmenbedingungen der Diskussion zu setzen. Der Inhalt des Plans wird den Fokus der Gruppenüberlegungen werden. Mitglieder werden in der Position sein zu versuchen den Plan zu verbessern, wenn sie Bedenken zu Teilen deines Vorschlags haben. Außerdem sind einige Personen üblicherweise nicht in der Lage spontan, auf eine systemisch beschriebene Idee in schriftlicher Form, zusammenhängende und gut begründete Kritik anzubringen. Trotzdem solltest du nicht von der Organisation weg laufen oder die Mitarbeit verweigern, wenn dein Plan abgelehnt wird oder grundlegend verändert. Während der Konkretisierung der Umsetzung und der tatsächlichen Ausführung des Projekts, haben du und deine Verbündeten immer noch die Möglichkeit das Ergebnis zu formen. Durch die Mitarbeit, in dem durch die Mitglieder bestätigten Plan, zeigst du, dass du ein Teamplayer bist und nicht ein beleidigter Verlierer.


6. VERBREITE DEINE IDEEN IN DEM ÖFFENTLICHEN BEREICH


Als eine jüngere Aktivistin und eine Person die höhergestellte Leadership Verantwortungen innerhalb der Bewegung übernehmen möchte, solltest du dich nicht als ledigliche Konsumentin von Wissen positionieren. Du solltest alle möglichen Kommunikationskanäle benutzen, um dich in eine ideele Führungspersönlichkeit zu entwickeln und deinen Ideen Dauerhaftigkeit zu geben oder einen „Papier-Pfad“ deiner Ideen zu hinterlassen. Durch die Explosion von online Veröffentlichungen und Social Media Plattformen hast du viele Möglichkeiten deine Ideen in dem öffentlichen Bereich zu präsentieren. Frauen, die Jugend und rassifizierte Menschen werden nicht als Personen angesehen, welche etwas von intellektueller und operativer Substanz zum gesellschaftlichen Diskurs und der Entwicklung der gerechten Gesellschaft beizutragen hätten. Du musst anstreben, die Leute eines besseren zu belehren, als dieser zum Schweigen bringenden Auffassung. Während du dich als Vordenkerin und revolutionäre Intellektuelle entwickelst, wirst du anfangen Einladungen zu bekommen, um bei öffentlichen Treffen und in anderen Räumen zu sprechen.


ABSCHLIESSENDE GEDANKEN


Genossin Azuka, die obigen Kommentare sind alles was ich in diesem Moment zu sagen habe und ich freue mich auf deine Rückmeldung, Kommentare und Fragen. Angela Davis hat die folgende Bemerkung gemacht: „Es ist wahr, dass es innerhalb des Bereichs der kulturellen Politik ist, wo junge Menschen dazu tendieren zu politischen Belangen zu arbeiten, was ich für gut halte auch wenn es die Probleme nicht lösen wird.“ [18] Basierend auf meinen Beobachtungen ist es ein akkurates Statement. Aber dein Engagement mit Belangen, welche relevant für die materielle Realität des Volkes sind, hilft dabei Jugend-Aktivismus über die Voreingenommenheit mit kulturellen Belangen hinauszutragen, hin zu politischem Widerstand.


In Solidarität,


Ajamu Nangwaya


* Ajamu Nangwaya, PhD, ist ein wissenschaftlicher Arbeiter in Toronto, Kanada, und ein Organisierer mit dem Network for Pan-Afrikan Solidarity. Ajamu ist ein Fürsprecher für Arbeits-Selbst-Management und Kooperationen, um ein alternatives ökonomisches Programm in der Bewegung für Emanzipation zu schaffen.


ENDNOTEN:

[1] Kwame Ture, via Disciples of Malcolm, http://disciplesofmalcolm.tumblr.com/post/46471511525

[2] Amilcar Cabral, “Revolution in Guinea: Selected Texts,” (New York: Monthly Review Press, 1969), 88.

[3] Stokely Carmichael [kwame Ture] with Ekwueme Michael Thelwell, “Ready for Revolution: The Life and Struggles of Stokely Carmichael [Kwame Ture],” (New York: Scribner, 2003), 663.

[4] Barbara Ransby, “Ella Baker & the Black Freedom Movement: A Radical Democratic Vision,” (Chapel Hill: The University of North Carolina Press, 2003).

[5] Frantz Fanon, “The Wretched of the Earth”, (New York: Grove Press, 1968).

[6] Frantz Fanon, “Black Skin, White Masks”, (New York: Grove Press, 1967).

[7] Bob Marley and the Wailers, “Redemption Song,” in Uprising, Tuff Gong/Island, 1980.

[8] Charles L. James, “Foreword” to Message to the People: The Course of African Philosophy, ed. by Tony Martin (Dover, Massachusetts: The Majority Press, 1986), ix.

[9] Ibid, xvi.

[10] Patrick Chabal, “Amilcar Cabral: Revolutionary Leadership and People War,” (Trenton, New Jersey: Africa World Press, 2003), 60-67.

[11] Cabral, Revolution in Guinea, 86.

[12] Marc Mascarenhas-Swan, “Honoring the 44th Anniversary of the Black Panthers’ Free Breakfast Program,” Organizing Upgrade: Engaging Left Organizers in Strategic Dialogue, January 18, 2013, http://tinyurl.com/o3zax45; J. Edgar Hoover, “Federal Bureau of Investigation – J. Edgar Hoover Memo on Black Panthers’ Breakfast for Children Program,” Rapgenius, http://news.rapgenius.com/Federal-bureau-of-investigation-hoover-memo-on-black-panthers-breakfast-for-children-program-lyrics

[13] Oba T’Shaka, “The Art of Leadership: The Art of Organizing, Volume 1,” (Richmond, California: Pan Afrikan Publsihers, 1990), 88-89.

[14] Jim Standford, “Economics for Everyone: A Short Guide to the Economics of Capitalism,” (Black Point, Nova Scotia: Fernwood Publishing, 2008).

[15] William Foote Whyte & Kathleen King Whyte, “Making Mondragon: The Growth and Dynamics of the Worker Cooperative Complex”, Second Edition Revised, (Ithaca: Cornell University Press, 1991).

[16] Frank T. Adams & Gary B. Hansen, “Putting Democracy to Work: A Practical Guide for Starting and Managing Work-owned Businesses”, Revised Edition, (San Francisco: Berrett-Koehler Publishers, 1993).

[17] Amos N. Wilson, “Blueprint for Black Power: A Moral, Political and Economic Imperative for the Twenty-first Century,” (New York: Afrikan World Infosystem, 1998).

[18] Angela Davis, “Interview with Angela Davis,” Interviewed by Frontline, PBS (Public Broadcasting Service), http://tinyurl.com/cnq7a


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